
Kleine Ursache mit großer Wirkung: auf Partikelverunreinigungen in Lithium-Ionen-Batterien passt diese Redewendung exakt. Die mikroskopisch kleinen Teile sind unter anderem dafür verantwortlich, dass – bisher in äußerst seltenen Fällen – sich Batterien in Elektrofahrzeugen von selbst entzünden. Wie passiert das?
Schauen wir uns zur Erklärung den Aufbau einer Batteriezelle an. Sie besteht aus vielen hauchdünnen, aufeinander gestapelten oder gewickelten Elektrodenfolien: jeweils eine Anode und eine Kathode, getrennt durch einen Separator. Die Zwischenräume werden mit Elektrolyt-Flüssigkeit aufgefüllt. Beim Entladen der Batterien fließen Elektronen über die Kontakte aus der Anode zur Kathode; beim Laden wird der Prozess umgekehrt.
Vor dem Stapeln werden die Folienstücke mit einem Laser rechteckig zugeschnitten; dabei entstehen Partikel – Späne oder Splitter – im Mikrometer-Bereich. Weitere Partikel können durch Abrieb an den Transportvorrichtungen oder anderen mechanischen Teilen in der Fertigung entstehen. Die Verunreinigungen werden durch verschiedene Lösungen entfernt, etwa durch Unterdruck oder Absaugen. Jedoch bleiben vereinzelt Partikel auf den Folien hängen.
Wenn solche leitenden Partikel circa 10 Mikrometer und größer sind, können sie die 10-40 Mikrometer dicken Separatoren durchdringen. Die Lithium-Ionen nehmen dann eine „Abkürzung“ durch den Separator: Ein Kurzschluss entsteht. Der Kurzschluss kann die Batterie entzünden und die über 1.000 Grad Celsius heißen Flammen sind kaum löschbar.
Wie sieht in dieser Hinsicht bisher die Qualitätskontrolle von E-Auto-Batterien aus? Nach der Montage werden die Batteriezellen mehrmals ge- und entladen und die elektronischen Eigenschaften geprüft. Partikelverunreinigungen entdeckt man auf diesem Weg jedoch selten. Solange der Separator nicht perforiert ist, sind Partikel kein akutes Problem und beeinflussen den Stromfluss kaum.
Starke Stromflüsse beim Laden, Beschleunigen und Bremsen üben physikalische Kräfte auf die Batteriezelle aus. Dadurch wandern Partikel mit der Zeit. Im schlimmsten Fall treffen sie irgendwann auf den Separator – und die Batterie entzündet sich wie aus dem Nichts.
Wenige Mikrometer große Partikel können mit industriellen Mikroskopen detektiert werden; entsprechende Lösungen gibt es schon seit Jahren. Diese Prüfung dauert jedoch zu lange. Sie eignet sich nur, um einzelne Objekte zu prüfen, nicht jedoch für die Massenfertigung in Hochgeschwindigkeit.
Deshalb haben Hersteller ihre Batteriezellen bisher nicht auf Partikelverunreinigungen überprüft – im Wissen, dass der schlimmste Fall nur in äußerst seltenen Fällen eintritt. Zugegeben: Wegen der relativ geringen Anzahl an Elektrofahrzeugen konnte das Problem bisher vernachlässigt werden. 2021 waren weltweit geschätzt circa 17 Millionen E-Autos unterwegs.
Doch wenn es bald hunderte Millionen sein sollen, fallen auch zweite oder dritte Nachkommastellen ins Gewicht. Partikelverunreinigungen in E-Auto-Batterien könnten dann zu einem echten Sicherheitsrisiko werden, inklusive schlechter Presse für und großer Rückrufaktionen durch die Auto- und Batteriehersteller.

Wenn bald hunderte Millionen Elektroautos auf den Straßen unterwegs sind, können auch seltene Produktionsmängel zu einem relevanten Problem werden. Hersteller müssen deshalb eine Null-Fehler-Strategie verfolgen. Die Inline-Prüfung auf Partikelverunreinigungen wird schon bald zum Standard in der Batteriezellproduktion werden.
Das Problem wurde bisher noch aus einem weiteren Grund in Kauf genommen. Rückstände in Batterien zu detektieren ist schwierig. Einerseits sind die Partikel wie erwähnt sehr klein. Andererseits bieten sie kaum Kontrast zu ihrer Umgebung: Sie sind aus den gleichen Materialien wie die Batteriezelle selbst. Je nach Lichtsituation sind die Partikel praktisch unsichtbar.
Gleichzeitig ist die Batteriefertigung für E-Autos noch recht jung. Für die Qualitätssicherung gibt es kaum etablierte Standards, die Hersteller experimentieren und sammeln Erfahrung. Wie lassen sich Partikelverunreinigungen also zuverlässig erkennen – mit einem Verfahren, das günstig und schnell genug für die Massenfertigung ist?
VITRONIC, Spezialist für industrielle Bildverarbeitung, hat dafür ein Verfahren entwickelt, das sich an menschlichem Verhalten orientiert. Wenn uns etwa eine Nadel auf den Boden fällt, suchen wir ihn aus verschiedenen Blickwinkeln ab. Mithilfe einer Leuchte versuchen wir, eine Reflexion auf der Nadel zu erzeugen, die wir erkennen können.
Auf Basis dieses Prinzips funktioniert der Kamerasensor des Partikelprüfsystems. Nach dem Laserschneiden direkt vor dem Stapeln prüft der Kamerasensor alle Elektroden- und Separatorfolien: Er macht gleichzeitig mehrere Aufnahmen aus unterschiedlichen Winkeln mit jeweils unterschiedlicher Beleuchtung. Die Auflösung: drei bis zehn Mikrometer.
Detektierte Partikel werden automatisch vermessen. Zusätzlich können aus den verschiedenen Aufnahmen Material- und Höheninformationen abgeleitet werden. Eine künstliche Intelligenz klassifiziert die erfassten Partikel. Auch weitere Fehler lassen sich aufspüren, etwa Lageabweichungen, Rand- und Schnittfehler oder durch den Transport veränderte Oberflächeneigenschaften der Elektroden.
Das Prüfsystem wird direkt in die Fertigungslinie installiert. Der Sensor macht die Bildaufnahmen während der linearen Bewegung der Folien; der Transport muss also nicht angehalten werden. Dadurch eignet sich dieses Verfahren, um Batteriezellen in der Massenfertigung lückenlos auf Partikelverunreinigungen zu prüfen. Aktuell wird das System bei einem Pilotkunden erprobt und optimiert – weitere sollen folgen.