
Beide Regelungen definieren die Verantwortung international aktiver Unternehmen in der gesamten Lieferkette neu – vom Rohstoff bis zum fertigen Produkt. Neben Menschenrechten steht insbesondere die Sorgfaltspflicht entlang der gesamten Lieferkette und der Schutz der Umwelt und Verbraucher im Fokus. Die Vision? Sichere, menschenrechtsfreundliche und CO2-neutrale Produkte über alle Liefer- und Produktionsketten hinweg. Möglich wird dies durch das sogenannte Tracking & Tracing von Gütern.
Unter Track & Trace versteht man die transparente Verfolgung und Rückverfolgung von Produkten. Dabei definiert „Track“ die Option, den genauen physischen Standort eines Produkts jederzeit bestimmen zu können. „Trace“ wiederum dient dazu, den Verlauf innerhalb der Lieferkette zu reproduzieren und zu verstehen.
Bisher unterstützte Track & Trace unter anderem die nachträgliche Rückverfolgung, zum Beispiel bei Produktrückrufen oder Gefahrenmeldungen. Durch das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz erhält Track & Trace eine weitere Relevanz. Denn neben der Nachverfolgung von fertigen Produkten und Produktkomponenten werden nun auch Daten im Produktions- und Lieferprozess erfasst und ausgewertet, die die Messung von CO2 Emissionen unterstützen. Dazu zählen die Nutzung von Transportmitteln und auch Transportwege sowie der Energieeinsatz pro Lieferkettenschritt.
Rund 900 Unternehmen in Deutschland mit mehr als 3.000 Mitarbeitern (siehe Quellenangabe) müssen ab 2023 Transparenz in der Lieferkette sicherstellen. Ab 2024 gilt die Regelung auch für Deutschlands Mittelständler mit mehr als 1.000 Mitarbeitern und damit rund 4.800 Unternehmen.
Während in der Vergangenheit Unternehmen gemäß Produkthaftungsgesetz mit einem Haftungshöchstbetrag von bis zu 85 Millionen Euro für entstandene Personenschäden herangezogen werden konnten (§ 10 ProdHaftG), könnten Verstöße gegen das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz sogar deutlich höhere Strafen und empfindliche Imageschäden mit sich bringen.
Vollständige Transparenz über die gesamte Lieferkette zu besitzen ist einer der wichtigsten Aspekte zur Verhinderung von Haftungsfällen und Verstößen gegen das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.
Die EMS-Branche (Electronic Manufacturing Services) macht erfolgreiches Tracking & Tracing bereits jetzt vor: Fertigungsdienstleister für elektronische Komponenten, die beispielsweise Teile für die Automobilindustrie herstellen, sind bereits jetzt strengen Auflagen unterworfen. Eine weltweit gültige Zertifizierung nach ISO 9001 zur Erhaltung der Geschäftsfähigkeit ist ein absolutes Muss für jeden von ihnen. Ein Teil der Vorgaben zum Qualitätsmanagement ist die Rückverfolgbarkeit der verbauten Teile – unabhängig von welchem Dienstleister diese geliefert wurden. Bisher wurden die Daten genutzt, um fehlerhafte Bauteilserien zurückzurufen. Diese Rückrufaktionen konnten von einer kompletten Serie auf eine Baureihe, eine Baugruppe oder wenige fehlerhafte Einheiten reduziert werden. Zukünftig werden mit Hilfe der Daten auch Verstöße gegen das neue Gesetz geahndet.
Und je besser die Datenqualität ist, desto mehr Informationen stehen dem Unternehmen zu Analysezwecken zur Verfügung. Hierzu gehören unter anderem Daten zum Produzenten, Informationen zum exakten Lieferzeitpunkt, der derzeitige Verarbeitungsort, die noch benötigte Zeit bis zur Überführung oder andere noch detailliertere Informationen. Das kann beispielsweise das Gewicht oder das Volumen des Gutes betreffen, um zu bestimmen, mit welchem Transportmittel es überführt werden musste. Die Informationen werden in verschiedenen Metakategorien zusammengefasst. Sie umfassen Absenderinformationen, Zielinformationen, Steuerungsinformationen und Ident-Informationen. Alle diese Schritte sind relevant, um den konkreten CO2-Fußabruck zu berechnen.
Eine Lösung zur Integration der Informationen ist beispielsweise die Dokumentation einzelner Prozessschritte in der Lieferkette mithilfe zusätzlicher Barcodes. Sie dokumentieren zukünftig umfangreichere Informationen als bisher und müssen sich daher ebenfalls wandeln – von eindimensionalen Barcodes in mehrdimensionale Datenspeicher. Werden simple Codes genutzt, die wenige Informationen erfassen können, müssen sie in sehr großer Anzahl vorliegen. Dies führt oft zu einer hohen Fehleranfälligkeit bei der manuellen Lesung. Werden komplexe Barcodes eingesetzt, braucht es spezielle Hardware.
Für die Menge der gespeicherten Informationen entsteht eine immer größer werdende Notwendigkeit zur Abwägung zwischen der Größe der Codes, ihrer Lesbarkeit und ihrer Anzahl. Komplexere Barcodes oder Matrixcodes benötigen jedoch auch entsprechend leistungsfähigere Lesegeräte.“
Die Geräte müssen alle Daten auf einmal erfassen und dabei selbst kleine, farbige, schlecht gedruckte oder beschädigte Codes problemlos lesen können. Wichtig ist, dass alle Informationen auf einem Objekt schnell und zuverlässig in nur einem Durchgang automatisch erfasst werden. Das Ziel ist maximaler Durchsatz, sichere Archivierung und lückenlose Rückverfolgung, um allen gesetzlichen Vorgaben nachzukommen und die vom Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz geforderten Informationen schnell abrufen zu können.