
Technische Sauberkeit (kurz: TecSa) ist ein Standard in der industriellen Produktion und Montage: Ein Bauteil ist dann „technisch sauber“, wenn es keine Verunreinigungen aufweist, die die weitere Verarbeitung oder die Funktion beeinträchtigen könnten. Der erforderliche Sauberkeitsgrad hängt also vom Teil selbst, vom späteren Einsatzzweck und den weiteren Prozessschritten ab. Unerwünschte Partikel können etwa Späne, Fasern, Flusen, Oxide, Rost oder Zunder sein.
(Auch filmische Verunreinigungen – wie Öle, Fette und Chemikalien – spielen eine Rolle; diese wurde jedoch bisher nicht unter dem Schlagwort Technische Sauberkeit beschrieben.)
Die Standards zur Technischen Sauberkeit wurden zuerst in der Automobilindustrie entwickelt und später von anderen Branchen übernommen und angepasst, wie von der Elektronik- und Medizinindustrie.
Anfang der 2000er-Jahre bildete sich der Industrieverbund TecSa (unter dem Dach des VDA: Verband der Automobilindustrie e. V.) und entwickelte ein umfassendes Regelwerk mit dem Titel „VDA Band 19 Prüfung der Technischen Sauberkeit – Partikelverunreinigung funktionsrelevanter Automobilteile.“ Es beschreibt „Verfahren zur Extraktion von Partikeln von der Bauteiloberfläche, Analyseverfahren zum Vermessen sowie die Dokumentation der Prüfergebnisse.” Seit 2015 ist die überarbeitete Fassung VDA 19.1 gültig.
Zusätzlich wurde 2010 die Leitlinie VDA 19.2 herausgegeben, mit dem Titel „Technische Sauberkeit in der Montage – Umgebung, Logistik, Personal und Montageeinrichtungen“. Sie soll dabei helfen, Prozesse so zu planen und zu optimieren, dass Verunreinigungen in der Prozesskette verhindert werden.
2007 erschien die internationale Norm ISO 16232, die mit der (deutschen Norm) VDA 19 vollständig kompatibel ist.
Der ZVEI: Verband der Elektro- und Digitalindustrie hat sein adaptiertes Regelwerk unter dem Namen „Technische Sauberkeit in der Elektrotechnik (Leitfaden)“ herausgegeben. Für die Medizinindustrie sind die Standards im Handbuch VDI 2083 Blatt 21 „Reinraumtechnik - Reinheit von Medizinprodukten im Herstellungsprozess“ dokumentiert.
Schmutzpartikel oder -filme auf Bauteilen und Baugruppen können Schäden verursachen, von nur ärgerlichen bis tödlichen. Sie beeinträchtigen unter Umständen die Funktion oder Lebensdauer…
In mechanischen Systemen können dadurch Lager und Gleitflächen verklemmen, Filter und Düsen verstopfen oder Ventile blockieren. Bei elektronischen Bauteilen können Verunreinigungen Kurzschlüsse, Spannungsüberschläge, und Kriechströme verursachen oder Kontakte isolieren.
Oft sind Schmutzpartikel für die Bauteile selbst harmlos, können aber an anderen Stellen Schäden hervorrufen; etwa in Flüssigkeitskreisläufen (bei Treibstoff und Kühlflüssigkeiten), wenn sie in Filter und Ventile geschwemmt werden. In einem weiteren Artikel finden Sie ein ausführliches Beispiel, welche Gefahr Partikel in einer E-Auto-Batterie darstellen können.
Die Technische Sauberkeit wird umso relevanter, je komplexer und sensibler Bauteile sind. Moderne, auf Sparsamkeit getrimmte Motoren etwa sind deutlich anfälliger als ältere Modelle. Bei Fahrzeugassistenzsystem könnte schon ein einziges Schmutzteilchen auf einem Kamerasensor zu Fehlern führen und einen tödlichen Unfall auslösen.
Verunreinigungen auf Bauteilen können grundsätzlich aus drei verschiedenen Quellen stammen:
Zunächst müssen in der Entwicklung die jeweiligen Grenzwerte festgelegt werden: Welcher Sauberkeitsgrad ist erforderlich? Abhängig davon können entsprechende Maßnahmen getroffen werden.
Verschleppung im eigenen Prozess verhindern: In der Regel werden Bauteile nach den entsprechenden Bearbeitungsschritten gereinigt: Sie werden gewaschen, wenn sie mit Flüssigkeit in Kontakt kommen dürfen; andernfalls, etwa bei Elektronikteilen, können Schmutzpartikel abgesaugt werden.
Eintrag durch zugekaufte Teile verhindern: Werden Teile zugeliefert, muss entweder der Lieferant die Technische Sauberkeit garantieren, oder die Teile müssen gereinigt werden, bevor sie in die weitere Verarbeitung kommen.
Eintrag von außen verhindern: Die Montage von Bauteilen kann in Reinräumen, Sauberräumen oder Sauberzonen durchgeführt werden; durch Luftfilterung, Schleusen, besondere Transportsysteme, Schutzkleidung der Mitarbeitenden und andere Maßnahmen wird verhindert, dass Bauteile durch Eintrag von außen kontaminiert werden.
Um die Technische Sauberkeit zu gewährleisten, muss der gesamte Prozess berücksichtigt werden, Transport und Verpackung eingeschlossen. Auch qualifizierte, gewissenhafte Mitarbeitende tragen einen großen Teil bei. Wenn eine Fertigung oder Montage komplett neu geplant wird – etwa bei einer neuen Gigafactory – sollte die Technische Sauberkeit von vorne herein bei allen Planungsschritten berücksichtigt werden.
Um Maßnahmen planen und deren Wirksamkeit beurteilen zu können, müssen die Bauteile auf Verunreinigungen inspiziert werden; oft treten diese innen an schwer zugänglichen Stellen der Bauteile auf. Daher werden Stichproben-Prüfungen im Labor durchgeführt: Das Bauteil oder der extrahierte Restschmutz wird mit einem Mikroskop oder Scanner erfasst und mithilfe einer Bildverarbeitung analysiert und klassifiziert. Stichproben sind jedoch nur dann aussagekräftig, sofern Betriebe stabile, sichere Prozesse und damit gleichbleibende Qualität aufrechterhalten können.
Zur Inspektion von besser zugänglichen Stellen an Bauteilen dagegen werden auch andere Lösungen eingesetzt: Kamerasensoren scannen jedes einzelne Teil direkt in der Produktions- oder Montagelinie; wird Restschmutz oberhalb der Grenzwerte entdeckt, kann das Teil sofort aussortiert oder gereinigt werden. Einsatzbereiche dafür sind unter anderem die Montage von Batteriezellen oder von Batteriegehäusen an E-Autos.
Weitere Informationen: Lösungen zur Partikeldetektion an Batteriemodulen
Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA
Herr Dr.-Ing. Markus Rochowicz, Gruppenleiter Reinheitstechnik